Karriere Insights: Das Wissensmagazin für Top-Führungskräfte
Immer mehr Führungskräfte spielen mit dem Gedanken, ihre etablierte Konzernkarriere gegen den Einstieg in ein Startup einzutauschen. Die Gründe erscheinen verlockend: weniger Bürokratie, mehr Gestaltungsfreiheit, die Chance, ein junges Unternehmen aktiv „mitzuformen“ – und nicht zuletzt der Reiz des unternehmerischen Abenteuers.
TV-Formate wie „Die Höhle der Löwen“ verstärken diese Faszination: Gründer voller Tatendrang, Investoren, die spontan Millionen zusagen, eine Atmosphäre, die pure Lebendigkeit ausstrahlt. Doch so verheißungsvoll der Gedanke klingt, so riskant kann die Umsetzung sein. Gerade für erfahrene Top-Manager stellt sich die entscheidende Frage: Wann lohnt sich der Einstieg in ein Startup wirklich – und wann wird er zum Karrierekiller?
Viele Top-Manager fühlen sich von der Startup-Szene magisch angezogen. Nach Jahren oder Jahrzehnten in hierarchischen Konzernstrukturen lockt die Vorstellung, Entscheidungsprozesse zu beschleunigen, Ideen direkt umzusetzen und nicht mehr in endlosen Abstimmungsschleifen festzuhängen. Die Sehnsucht nach „Leben pur“ ist stark – der Wunsch, wieder spürbar etwas zu bewegen.
Doch die Realität sieht oft anders aus: Statt unternehmerischer Freiheit wartet auf Führungskräfte in Startups häufig ein Alltag voller Unsicherheiten, Ressourcenmangel und permanenter Improvisation. Wer als COO mit 1.000 Mitarbeitern im Rücken agierte, muss plötzlich selbst den Drucker reparieren, Kaltakquise betreiben und operative Detailarbeit erledigen – vom strategischen Gestalter zum operativen Allrounder.
Viele Führungskräfte hegen ähnliche Hoffnungen beim Startup-Einstieg:
Hinter diesen nachvollziehbaren Motiven lauern jedoch erhebliche Risiken:
Drei Fragen sind absolut entscheidend, bevor man in ein Startup einsteigt:
Sympathie und Vertrauensbasis zählen mehr als die vermeintlich geniale Geschäftsidee. Die richtige Frage lautet: Würde ich freiwillig mit diesen Menschen Abendessen gehen? Ergänzen sich die Gründer gut? Haben sie das nötige Know-how – oder nur eine Idee? Die Chemie im Team entscheidet über Erfolg oder Scheitern.
Geld allein genügt nicht – gefragt sind Branchenexpertise, Vertriebspower, technologisches Know-how oder belastbare Netzwerke. Wer nur Kapital einbringt, aber keine substanzielle operative oder strategische Unterstützung bieten kann, wird den Unterschied nicht machen.
Ohne volle Begeisterung und echten unternehmerischen Drive wird man die unvermeidlichen Rückschläge nicht durchstehen. Startup bedeutet: 60-Stunden-Wochen, permanente Unsicherheit, ständige Pivots. Wer Sicherheit und Planbarkeit braucht, wird scheitern.
Die Regel ist eindeutig: Wenn eine dieser drei Fragen nicht klar mit „Ja“ beantwortet werden kann, lautet die Empfehlung: Finger weg!
Junge Gründer rufen Unternehmenswerte von mehreren Millionen auf – bei Monats-umsätzen von wenigen Tausend Euro. Diese Diskrepanz führt zu unrealistischen Erwartungen auf beiden Seiten und späteren Enttäuschungen.
Die Realität in vielen Startups: Investoren, Board-Member oder amerikanische Muttergesellschaften diktieren Strategien. Der eingestellte Manager soll primär ausführen, nicht gestalten – ein fundamentaler Widerspruch zur ursprünglichen Motivation.
Startups brauchen oft nicht 50.000 Euro, sondern Millionen. Wer eigenes Kapital investiert, muss mit dem Totalverlust rechnen. Die Erfolgsquote ist ernüchternd: Von zehn Startups entwickelt sich maximal eines zum echten Durchbruch, drei bis vier werden solide mittelständische Unternehmen, und bei drei bis vier droht der Totalverlust.
Ein gescheiterter Startup-Einstieg mit Anfang 30 ist verschmerzbar und wird als Lernphase gewertet. Mit Mitte 40 oder gar Anfang 50 hinterlässt er jedoch tiefe, oft irreparable Spuren. Der Wiedereinstieg ins Top-Management wird extrem schwierig – das berüchtigte „Nebengleis-Problem“.
Die finanzielle Realität ist ernüchternd: Laut aktuellen US-Studien verdienen Vorstände in Startups durchschnittlich rund 75.000 US-Dollar – weit unter dem Niveau, an das Top-Manager gewöhnt sind. Variable Vergütungsbestandteile basieren auf Erfolgen, die oft nicht eintreten. Jahre relativer Unterfinanzierung sind die Regel, nicht die Ausnahme.
Ein eindrückliches Beispiel: Ein 47-jähriger Leiter Operations aus der Logistikbranche, 15 Jahre Konzernerfahrung, wechselte in ein amerikanisches Startup für den Deutschland-Aufbau. Die Realität nach wenigen Monaten:
Die Lösung: Rückkehr in den gehobenen Mittelstand – mehr Gestaltungsfreiheit als im Konzern, aber mit den vertrauten Strukturen und ohne das Startup-Chaos.
Der Startup-Einstieg kann sich lohnen für:
Kritisch wird der Startup-Einstieg für:
Wer Unternehmergeist ausleben möchte, muss nicht zwingend ins Hochrisiko-Startup gehen. Es gibt Alternativen, die weniger riskant und zugleich karriereförderlicher sein können:
Übernahme eines profitablen Familienunternehmens – planbarer als ein junges Startup, aber mit echten Gestaltungsmöglichkeiten und bewährtem Geschäftsmodell.
Einstieg als Geschäftsführer in Beteiligungen, bei denen Restrukturierung und Wertsteigerung gefragt sind. Kombination aus unternehmerischer Freiheit und professionellem Hintergrund.
Viele mittelständische Marktführer suchen diskret Top-Manager. Diese Positionen bieten oft mehr Gestaltungsfreiheit als Konzernpositionen – ohne die Startup-Risiken. Über 70 % aller Top-Positionen werden so im sogenannten verdeckten Stellenmarkt vergeben.
Mit unserem 10-stufigen V&D-Prozess verschaffen wir unseren Kundinnen und Kunden Zugang zum verdeckten Stellenmarkt. Sprechen Sie uns bei Interesse gerne jederzeit an!
Der Einstieg in ein Startup ist kein Allheilmittel für Karrierefrustration, sondern ein Hochrisikospiel. Er kann Karrieren beschleunigen – oder nachhaltig beschädigen.
Die Erfolgsformel lautet: Prüfen Sie schonungslos, ob Team, eigener Beitrag und echte Begeisterung zusammenpassen. Fragen Sie sich ehrlich: Habe ich das Kapital, die Zeit, die Risikobereitschaft und das richtige Alter für dieses Abenteuer?
Wer jung ist, Kapital übrig hat und unbedingt gestalten will, kann profitieren. Wer jedoch seine Karriere auf Top-Level sichern möchte und auf finanzielle Stabilität angewiesen ist, sollte seine Alternativen ernsthaft prüfen.
Die wichtigste Weisheit zum Schluss: Ein Startup ist nur dann das richtige Sprungbrett, wenn alle drei Kernfragen mit einem überzeugten „Ja“ beantwortet werden können. In allen anderen Fällen ist es eher eine Stolperfalle mit langfristigen Karrierefolgen. Seien Sie ehrlich zu sich selbst – Ihre Karriere wird es Ihnen danken.
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