

Wer ist auf Top-Level der richtige Ansprechpartner für meine Bewerbung?
Karriere Insights: Das Wissensmagazin für Top-Führungskräfte
Wenn sich Top-Führungskräfte beruflich neu orientieren, investieren sie erhebliche Zeit in die Optimierung ihrer Bewerbungsunterlagen, die Schärfung ihrer Positionierung und die strategische Marktanalyse. Doch selbst die überzeugendsten Unterlagen scheitern häufig an einem überraschend simplen, aber karriereentscheidenden Punkt: Die Bewerbung erreicht nicht die Person, die tatsächlich über die Besetzung entscheidet.
Die richtige Ansprechperson zu identifizieren ist auf Vorstandsebene, in Geschäftsführungen und im oberen Management kein formaler Prozessschritt – es ist ein strategischer Erfolgshebel. In einem Markt, in dem rund 80 % der Spitzenpositionen über den verdeckten Stellenmarkt vergeben werden, hängt der Zugang zur neuen Top-Position maßgeblich davon ab, ob Ihre Unterlagen genau dort landen, wo über die angestrebte Position entschieden wird.
Dieser umfassende Leitfaden erläutert, warum die Wahl des Ansprechpartners erfolgsentscheidend ist, wie Sie die tatsächlichen Machtstrukturen in Unternehmen zuverlässig erkennen und welche Fehler Sie unbedingt vermeiden müssen.
Auf Top-Level reicht es nicht, lediglich exzellente Unterlagen einzureichen. Entscheidend ist, wer diese Unterlagen liest – und ob diese Person tatsächlich Einfluss auf die Besetzung der Position hat.
Die meisten Führungspositionen werden nicht formell ausgeschrieben, sondern entstehen im Hintergrund – in Gesprächen zwischen Eigentümern, Aufsichtsgremien oder operativen Entscheidungsträgern. Genau deshalb genügt es nicht, sich „irgendwo im Unternehmen“ zu melden.
Personalabteilungen sind in diesem Segment selten involviert: Sie verwalten Prozesse und koordinieren Abläufe, aber sie treffen keine Entscheidungen über Vorstände, Geschäftsführer oder C-Level-Positionen.
Eine weitere kritische Realität: Führungskräfte haben in diesem Prozess nur einen Schuss frei. Eine Bewerbung, die bei der falschen Person landet, kann kaum korrigiert werden, ohne unprofessionell oder orientierungslos zu wirken. Eine zweite Chance auf diesem Level? Praktisch ausgeschlossen.
Wenn Sie beispielsweise zunächst den Aufsichtsratsvorsitzenden kontaktieren, der sich als rein repräsentative Figur ohne operative Einbindung herausstellt, und sich anschließend an den eigentlichen Entscheider wenden, wirkt dies beliebig und schlecht vorbereitet – genau die Eigenschaften, die bei Spitzenpositionen disqualifizierend wirken.
Eine bewährte Orientierung für die Identifikation des richtigen Ansprechpartners lautet:
„Die richtige Ansprechperson sitzt typischerweise zwei Hierarchieebenen über der Rolle, auf die Sie sich bewerben.“
Diese Faustregel bietet Orientierung, kennt jedoch bedeutende Ausnahmen:
Große Konzerne: In DAX- oder MDAX-Unternehmen kann der Personalvorstand die richtige Adresse sein – jedoch ausschließlich bei Positionen auf Vorstandsebene selbst. Unterhalb davon gilt diese Logik kaum.
Eigentümergeführte Unternehmen: In Familienunternehmen entscheidet oft nicht die Anteilsgröße, sondern der Grad der operativen Einbindung. Ein Minderheitsgesellschafter mit 13 % Anteil, der täglich im Unternehmen arbeitet, kann deutlich relevanter sein als der Mehrheitsgesellschafter mit 57 %, der längst im Ruhestand lebt.
Private-Equity-Strukturen: Hier können Investment Directors, Operating Partners oder Deal-Team-Members entscheidender sein als CEO oder CFO. Die Machtverhältnisse folgen anderen Logiken als in klassischen Unternehmensstrukturen.
Die folgenden Methoden haben sich in der Top-Level-Beratungspraxis über Jahrzehnte bewährt. Sie helfen, operative Verantwortung, strategische Macht und Entscheidungsbefugnis zuverlässig zu identifizieren.
Besonders aufschlussreich sind:
Diese Quellen offenbaren:
Diese Quellen verraten oft mehr als offizielle Organigramme:
Geschäftsberichte sind besonders wertvoll, weil sie Machtlinien, Verantwortlichkeiten und strategische Schwerpunkte transparent machen. Achten Sie auf:
Soziale Medien sind heute ein relevanter Indikator für reale Machtstrukturen:
Aktivität und Positionierung auf professionellen Netzwerken zeigen oft präziser als jedes Organigramm, wer im Unternehmen wirklich gestaltet und entscheidet.
Ein oft unterschätzter, aber zentraler Schritt: Ihr Netzwerk muss nicht zwingend beim Einstieg helfen – aber es hilft oft dabei zu bestätigen, wen Sie anschreiben sollten und wen nicht.
Kurze, diskrete Rückfragen genügen, um:
Wichtig: Es geht nicht darum, eine „warme Einführung“ zu erbitten, sondern um Intelligence – Informationen, die Ihre Erfolgswahrscheinlichkeit erhöhen.
Viele Unternehmen verzeihen inhaltliche Ungenauigkeiten – aber nicht, wenn grundlegende Höflichkeitsformen missachtet werden. Bei Top-Level-Bewerbungen werden solche Fehler als Zeichen mangelnder Sorgfalt oder Respektlosigkeit interpretiert.
Viele Top-Manager legen großen Wert auf die korrekte Nennung ihrer akademischen Grade. „Dr.“ oder „Prof. Dr.“ gehören zur vollständigen Anrede – deren Weglassen kann als Geringschätzung wahrgenommen werden. Ein Kunde formulierte es einmal drastisch: „Doktor soundso, so viel Zeit muss sein.“
Internationale Vornamen können anders geschlechtlich besetzt sein, als Sie vermuten:
Praxisbeispiel: Ein Kunde namens Andrea (männlich, italienischer Hintergrund) berichtet, dass er täglich Anschreiben mit „Sehr geehrte Frau ...“ erhält. Jedes dieser Anschreiben landet umgehend im Papierkorb.
Ein falsch geschriebener Nachname ist ein sofortiger Disqualifikator. Namen wie Hnatnicky, Szcześniak oder Müller-Wohlfahrt können nicht „nach Gehör“ geschrieben werden. Die Schreibweise muss recherchiert und mehrfach gegengeprüft werden.
Bei mehreren Adressaten gilt:
Nutzen Sie Rechtschreibprüfungen, aber verlassen Sie sich nicht blind darauf. Namen werden von automatischen Tools nicht immer korrekt erkannt. Lassen Sie Ihre Anrede im Zweifel von einer zweiten Person gegenlesen.
In komplexen Unternehmensstrukturen – etwa in Holdings, Matrixorganisationen oder PE-geführten Strukturen – haben häufig mehrere Personen Einfluss auf Besetzungsentscheidungen.
Wer führt aktuell den Bereich, der durch Ihre Bewerbung ergänzt oder transformiert werden soll? Diese Person hat meist direktes Interesse an der Qualität der Besetzung.
Wer trifft die finale Entscheidung? Dies kann vom operativen Verantwortlichen abweichen (z. B. CEO bei CFO-Besetzung, Aufsichtsrat bei CEO-Besetzung).
Mehr als zwei Adressaten wirken unprofessionell und signalisieren Unsicherheit. Wenn beide wirklich relevant sind, ist dies akzeptabel – ansonsten: Entscheiden Sie sich.
Die Reihenfolge der Nennung signalisiert organisatorische Kompetenz und Respekt vor etablierten Strukturen.
Bei offiziellen Ausschreibungen ist der Ansprechpartner benannt – eindeutig und klar.
Im verdeckten Stellenmarkt jedoch – dem mit Abstand wichtigsten Marktsegment für Top-Level-Positionen – ist die Situation weitaus komplexer und anspruchsvoller.
Führungspositionen im verdeckten Markt entstehen typischerweise aus:
Die entscheidenden Personen sind in diesen Fällen nicht immer sichtbar oder formal benannt. Häufig sind es diejenigen, die am stärksten von der neuen Position betroffen sind – oder diejenigen, die den Veränderungsbedarf erkannt haben.
Genau hier setzt der Ansatz des Inversen Headhuntings an: Frühzeitig jene Entscheidungsträger zu identifizieren, die vor einer Herausforderung stehen, für die Ihre Expertise die Lösung bietet.
Wer diese Personen findet und überzeugt anspricht, erreicht den Markt lange bevor die ersten Wettbewerber überhaupt wissen, dass eine Position entsteht. Dies verschafft einen nahezu uneinholbaren Wettbewerbsvorsprung.
Warum fatal: Dies signalisiert, dass keine Recherche stattgefunden hat und die Bewerbung beliebig ist. Auf Top-Level ein sofortiges Ausschlusskriterium.
Richtig: Immer eine namentlich identifizierte, verantwortliche Person anschreiben.
Warum fatal: Mehrheitseigner sind nicht zwingend operativ tätig oder in Besetzungsentscheidungen involviert. Sie können längst im Ruhestand sein oder ausschließlich strategische Investor-Rollen innehaben.
Richtig: Operative Einbindung und tatsächliche Entscheidungsmacht prüfen, nicht nur Eigentumsstruktur.
Warum fatal: Wer versucht, ein aktives Executive-Search-Mandat zu umgehen, beschädigt seine Reputation sowohl beim Headhunter als auch beim Auftraggeber. Dies wirkt respektlos und kann Sie dauerhaft aus relevanten Prozessen ausschließen.
Richtig: Bei bekanntem Mandat immer den beauftragten Headhunter kontaktieren.
Die Wahl des richtigen Ansprechpartners ist keine administrative Formalität – sie ist eine strategische Entscheidung, die darüber entscheidet, ob Ihre Bewerbung überhaupt eine Chance erhält, ihre Wirkung zu entfalten.
Führungskräfte, die gelernt haben, Unternehmensstrukturen präzise zu lesen, operative Verantwortung zu erkennen und die relevanten Entscheidungsträger zu identifizieren, verbessern ihre Erfolgschancen im verdeckten Stellenmarkt signifikant.
Ein individueller, sorgfältig adressierter und recherchierter Erstkontakt zeigt Professionalität, Respekt und strategisches Denken – genau jene Qualitäten, die Unternehmen auf Führungsebene erwarten und voraussetzen.
Die investierte Zeit in die Identifikation des richtigen Ansprechpartners ist keine verlorene Zeit – sie ist eine der wirkungsvollsten Investitionen in Ihre Karriereentwicklung auf Top-Level. Denn: Sie haben nur einen Schuss. Nutzen Sie ihn weise.
Der richtige Ansprechpartner ist in der Regel die Person, die tatsächlich Entscheidungsmacht über die jeweilige Rolle besitzt – meist zwei Hierarchieebenen über der Zielposition. Auf C-Level sind das häufig CEO, Vorstandsvorsitzende, Aufsichtsräte oder operativ eingebundene Gesellschafter. Wichtig ist nicht der Titel, sondern wer operative Verantwortung trägt und real über Besetzungen entscheidet.
HR-Abteilungen koordinieren Prozesse, treffen aber auf Top-Level kaum Besetzungsentscheidungen. Executive-Positionen entstehen oft informell im verdeckten Stellenmarkt und werden direkt von operativen oder strategischen Entscheidungsträgern besetzt. Wer seine Bewerbung an HR richtet, erreicht selten die Person, die wirklich entscheidet und verliert wertvolle Chancen im Wettbewerb um Top-Positionen.
Die zuverlässigsten Indikatoren sind Machtlinien statt Organigramme: Wer kommuniziert strategische Themen in Presse und Geschäftsberichten? Wer vertritt das Unternehmen öffentlich? Wer verantwortet Transformation, M&A oder kritische Geschäftsbereiche? Ergänzend bieten LinkedIn, Interviews und diskrete Netzwerkabgleiche wertvolle Hinweise. Entscheidend ist, operative Verantwortung und Einfluss sauber zu erkennen.
Bei Mehrfachzuständigkeiten gilt: maximal zwei Personen anschreiben, klar hierarchisch sortiert. Zuerst die operative Verantwortung identifizieren, danach die finale Entscheidungsebene. Mehr als zwei Adressaten wirken beliebig und signalisieren mangelnde Sorgfalt. Wichtig ist, dass die Reihenfolge der Adressaten bestehende Machtstrukturen respektiert und professionelles Urteilsvermögen zeigt.
Zu den häufigsten Fehlern gehören unspezifische Ansprachen („Sehr geehrte Damen und Herren“), falsche Ansprechpartner (z. B. reine Gesellschafter ohne operative Rolle), der Versuch, Headhunter-Mandate zu umgehen, oder ungenaue Titel- und Namensangaben. Diese Fehler wirken unprofessionell und können dazu führen, dass eine Bewerbung selbst mit sehr guten Unterlagen früh ausscheidet.
Im verdeckten Stellenmarkt entstehen Positionen aus strategischem Bedarf, nicht aus Ausschreibungen. Die relevanten Ansprechpartner sind daher oft nicht sichtbar, nicht benannt oder bewusst diskret. Entscheidend ist die Person, die das Problem erkannt hat, für das Ihre Expertise die Lösung darstellt. Wer diese Entscheider früh identifiziert, verschafft sich einen erheblichen Vorsprung gegenüber anderen Bewerbern.
Inverses Headhunting dreht die klassische Logik um: Statt zu warten, recherchiert man proaktiv Unternehmen, die einen konkreten Bedarf haben und identifiziert jene Personen, die den Bedarf erkennen und über die Besetzung entscheiden. Dadurch entsteht Zugang zu Rollen, die noch nicht öffentlich sind. Für Führungskräfte bietet dieser Ansatz einen strategischen Zugang zu den relevanten Entscheidern und attraktiven Karrieremöglichkeiten.
— Kontakt —
— Weitere Beiträge —